Was sind Bitterstoffe und wozu dienen sie?
Bitterstoffe sind in vielen Pflanzen enthalten. Sie sind sehr oft giftig und können in verdorbenen Lebensmitteln enthalten sein. Die Fähigkeit, Bitterstoffe zu erkennen, hat sich vor allem deshalb entwickelt, um das Vorhandensein von Giftstoffen zu erkennen und so deren Verzehr zu vermeiden. Bitterstoffe haben keine chemischen Gemeinsamkeiten. Man fasst sie in einer Gruppe zusammen, weil sie alle bitter schmecken. Pflanzen bilden Bitterstoffe, um sich gegen Fressfeinde zu schützen. Beißt ein Tier in eine bitter schmeckende Pflanze, dann meldet der bittere Geschmack, dass die Pflanze vermutlich giftig ist und das Tier frisst die Pflanze nicht mehr weiter.
Der Mensch hat ebenso wie das Tier sogenannte Bitter-Rezeptoren (TAS2R-Rezeptoren) auf der Zunge, Gaumen und Rachen. Sogar im Dünndarm findet man noch Bitterrezeptoren1. Werden sie gereizt, löst das die Bildung eines Darmhormons (Incretin, GLP1) aus. Die Wirkung von GLP1 wird auch in manchen Medikamenten genutzt. Sie führt zu Sättigungsgefühl und verlangsamt die Darmmotorik. Damit wird die weitere Resorption des Bitterstoffes gehemmt. Damit schützt sich der Körper vor giftigen Substanzen. Kinder, die noch nicht so gut entgiften können wie Erwachsene, spucken deshalb bittere Nahrungsmittel sofort aus. Durch ihre höhere Empfindlichkeit gegenüber Bitterstoffen schützen sie sich besser vor Vergiftungen. Schwangere Frauen werden auch gegenüber Bitterstoffen empfindlicher. Damit schützen sie ihr ungeborenes Kind vor Vergiftungen.
Welche Wirkungen haben Bitterstoffe?
Schon seit Langem hat man beobachtet, dass die Einnahme von Bitterstoffen die Produktion von Magensaft, Galle und Sekrete der Bauchspeicheldrüse anregt. Deshalb wurden Bitterstoffe früher zur Anregung von Appetit, Magensäurebildung und Bildung von Galle verwendet. Heute weiß man, dass der Appetit nicht angeregt sondern gehemmt wird2. Deshalb versucht man Bitterstoffe zur Behandlung von Übergewicht einzusetzen. Die klinische Anwendung für diese Indikation ist aber noch viel zu früh. Noch ist kein Bitterstoff mit einem günstigem Schaden-Nutzen-Verhältnis bekannt.
In welchen Pflanzen findet man Bitterstoffe?
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Zitrusfrüchte (Pampelmuse, Bitterorangen u.a.)
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Gemüse und Salate (Chicorée, Löwenzahn, Rucola, Gurken, Kürbisgewächse etc.)
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Kaffee, Tee, Kakao,
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Distelgewächse (Artischocken, Mariendistel u.a.)
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Gewürze (Wermut, Salbei, Rosmarin)
Im letzten Jahrhundert hat man die Giftigkeit von Bitterstoffen erkannt und deshalb aus essbaren Pflanzen herausgezüchtet. Ältere Menschen werden noch wissen, dass Gurken früher immer geschält werden mussten, weil sich direkt unter der Schale die meisten Bitterstoffe befanden. Heute kann man die Schale mitessen, weil die giftigen Bitterstoffe herausgezüchtet wurden. Das Gleiche gilt für Kürbisgewächse und viele andern Pflanzen, die gegessen werden. Doch Achtung: Manche alte Gemüsesorten enthalten noch dieses Gift.
Machen Bitterstoffe in der Behandlung des Reizdarmes Sinn?
Die Antwort ist ein klares, nein. Die ohnehin schon sehr empfindliche Schleimhaut wird durch diese Substanzen nur noch mehr gereizt. Reizdarmpatienten sollten deshalb aufpassen, wenn sie den Kaffee mit Milch oder Zucker „versüßen“. Denn dadurch wird der bittere Geschmack übertüncht, und man nimmt unbemerkt zu viele Giftstoffe ein.
In letzter Zeit wurden Stoffe entwickelt, welche die Empfindung von „bitter“ beim Menschen blockieren. Die Lebensmittelindustrie denkt schon darüber nach, bittere Nahrungsmittel damit zu „verbessern“. Eine ziemlich gefährliche Entwicklung, die uns da bevorsteht.
Etwas Positives haben kleinste Mengen an Bitterstoffen: Sie regen unser Entgiftungssystem an und schützen so gewissermaßen vor anderen Giftstoffen.
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1 Xie C, Wang X, Young RL, Horowitz M, Rayner CK, Wu T. Role of Intestinal Bitter Sensing in Enteroendocrine Hormone Secretion and Metabolic Control. Front Endocrinol (Lausanne). 2018 Sep 27;9:576. doi: 10.3389/fendo.2018.00576. PMID: 30319553; PMCID: PMC6171477.
2 Rezaie P, Bitarafan V, Horowitz M, Feinle-Bisset C. Effects of Bitter Substances on GI Function, Energy Intake and Glycaemia-Do Preclinical Findings Translate to Outcomes in Humans? Nutrients. 2021 Apr 16;13(4):1317. doi: 10.3390/nu13041317. PMID: 33923589; PMCID: PMC8072924.